Raum - Kunst - Bunker

Eine Ausstellung von Studierenden der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe, Abteilung Kunst.

Das Projekt "Raum - Kunst - Bunker" entstand im Zusammenhang der Veranstaltung "Integrierende Kunstformen", welche ich im Sommersemester 2006 anbot. Die Veranstaltung fand zum Teil an einem hochschulexternen Ort, nämlich in einem Karlsruher Zivilschutzbunker, statt. Der Bunker befindet sich im Haselweg inmitten eines Wohnviertels der Stadt. Karlsruhe gehörte als grenznahe Stadt zu den Städten, die im Ersten Weltkrieg vor andern aus der Luft bombardiert wurden. Mit den ersten Toten des Zweiten Weltkrieges wuchsen dann die Anstrengungen zur Verbesserung des Luftschutzes. Während des Krieges wurden 10 Bunker vom Städtischen Hochbauamt Karlsruhe erstellt - einer davon ist der Bunker im Haselweg.

Der Ort Bunker

Der massive Bau mit meterdicken Außenwänden und Decken ist aus Stahlbeton gegossen. Der Bunker geht mit seinen zwei Stockwerken bis tief unter die Erde. Die Mauern sind so dick, dass Abrissversuche scheiterten und Handys keinen Empfang haben. Es gibt kein Tageslicht, die Räume werden ausschließlich durch Neonröhren erhellt. Der Bunker verfügt über zwei Eingangsschleusen im oberen Stockwerk. Die beiden Ebenen sind über zwei Treppen miteinander verbunden. Durch den Abriss von Trennwänden sind große Räume entstanden, allerdings kann man noch gut die Größe der einzelnen Parzellen, die für Familien vorgesehen waren, erkennen. Am Boden entdeckt man die Spuren der abgerissenen Mauern, zudem sind die Durchgänge zu einzelnen Parzellen erhalten geblieben. Es gibt auch kleine, sehr bedrängend anmutende, Räume, die zum Teil mit schweren Eisentüren verschlossen werden können. Der Bunker im Haselweg war auf 1366 Quadratmeter für 1200 Menschen vorgesehen, heute wird er für Lagerzwecke genutzt. Im gesamten Bunker, vor allem im unteren Stockwerk, dominiert eine eisige Kälte. Auch im Sommer erwärmen sich die Räume nur unmerklich. Der strenge Geruch von Schimmel und feuchtem Gemäuer kommt einem schon an den Eingängen entgegen.

Einstieg

Die Studierenden wurden aufgefordert, inhaltlich oder auch rein formal auf den Ort Bunker zu reagieren. Die individuell wahrgenommenen, recherchierten, gesammelten Spuren, Gegenstände, Dokumente, Beobachtungen und Erkenntnisse sollten in einen künstlerischen Gestaltungsprozess überführt werden und abschließend in einem Werk münden. Die Studierenden waren gehalten, ihr persönliches Thema, ihre Perspektiven und Blickwinkel, ihren Ort im Bunker, im Laufe einer intensiven, individuellen Selbstaussetzung, selbst zu suchen. Außerdem sollten sie, in Abhängigkeit zum Gegenstand ihrer Auseinandersetzung, die Medien der Bearbeitung, die sie für angemessen hielten, selbst bestimmen. Obwohl der Ort Bunker vorgegeben war, war auf diese Weise der Rahmen weit gesteckt und sollte individuelle, persönliche und dadurch auch verschiedene Wege ermöglichen. Trotz dieser Offenheit waren die Studierenden nicht allein gelassen. Es wurden nicht nur Orientierungen durch den Ort und durch das Thema der Veranstaltung geboten, sondern auch durch das Lesen von Texten und durch die Gespräche, die während des gesamten Prozesses ein zentrales Werkzeug der Kommunikation, des Austausches, der Impulse, der Kritik und Unterstützung waren. Zudem wurden für die Organisation dieser offenen Arbeitsweise zu Beginn einige Vereinbarungen getroffen. Alle Studierenden wurden dazu angehalten, ein Portfolio oder Prozesstagebuch zu führen, indem der Forschungs- und Gestaltungsverlauf schriftlich festgehalten werden musste. Alle mit dem Projekt verbundenen Überlegungen, Planungen, sowie erste künstlerische Umsetzungen, in Form von Zeichnungen, sollten darin eingetragen werden. Es wurden Termine vereinbart, an denen man sich in der Hochschule traf, um erste Ergebnisse von Recherchen, Dokumentationen, erste künstlerische Umsetzungen im Portfolio in Form von Skizzen, Zeichnungen, aber auch digital bearbeitete Fotos zu präsentieren. Die Veranstaltungszeit wurde zum größten Teil für Einzel- und Gruppengespräche genutzt, bei denen ich mit den jeweiligen Studierenden die einzelnen Räume im Bunker aufsuchte, um Planungen und Versuche zu begleiten. Es wurden zusätzliche Termine vereinbart, an denen die Studierenden im Bunker arbeiten konnten.

Vorbereitung und Durchführung

Das Projekt startete mit einer ersten Sondierung des Zivilschutzbunkers im Haselweg Karlsruhe. Die Studierenden waren ausgerüstet mit ihren Portfolios, Zeichenutensilien, Meterstäben, Kassettenrekordern, Minidiskgeräten, Photoapparaten, sowie digitalen Foto- und Filmkameras. Diese gemeinsame Ortssondierung diente der Einstimmung auf das Thema und sollte die Studierenden für weitere Recherchen und Beobachtungen sensibilisieren. Im Anschluss an diese Veranstaltung machten sich einige Studierende im Stadtarchiv über die Geschichte, die Nutzung, die gescheiterten Abrissversuche sowie die heutige Nutzung des Bunkers kundig. An der Hochschule referierten sie dann ihre gemachten Recherchen über den Nutzungscharakter des Bunkers, andere zeigten erste Dokumentationen in Form von Skizzen, Fotos und kleinen Filmen. Zwei Wochen später kam es dann zu einer zweiten Sondierung. Jetzt sollten die Studierenden die Räume hinsichtlich der Raumphänomene erforschen. Sie erforschten atmosphärische Qualitäten wie beispielsweise Licht und Schatten, Tageslicht und künstliches Licht, Dunkelheit und Helligkeit, Auch wurde die Akustik der Räume durch Tonaufnahmen erforscht. Zum Beispiel, wie sich das Klangambiente verändert, wenn man sich alleine oder in der Gruppe im Bunker aufhält. Untersucht wurden auch die unterschiedlichen Geruchsqualitäten, die im Bunker von den Toiletten, dem Moder oder von gelagerten Chemikalien ausgingen. Ganz evident war die Temperatur, die Kälte im Raum, die trotz beginnendem Sommer deutlich zu spüren war. Zudem wurde die bauliche Struktur des Bunkers exploriert. So auch die Materialqualität des Bunkers, die meterdicken Wände aus hartem, unverwüstlichem Stahlbeton, die in einem sehr gut erhaltenem, fast schon reinlichem Zustand sind. Räumliche Determinanten wurden ausgemessen, Raumanordnungen in Skizzen festgehalten. Die Erforschung der Raumphänomene schulte eine aufmerksame Wahrnehmung bei den Studierenden. Die Auswertung der Ergebnisse fand eine Woche später an der Hochschule statt. Diese ermöglichte dann erste Versuche in der Gestaltung. Zu diesen zählten zeichnerische Entwürfe und Modelle, diese wiederum dienten der Visualisierung des Vorhabens und der Beratungssituation für die geplante Aktion. Der Bunker bot den Studierenden zahlreiche auslösende Momente für Fragestellungen, die dann in der Gruppe besprochen wurden. Techniken zur Umsetzung von Ideen, sowie handwerkliche Techniken, wie etwa unterschiedliche Befestigungsmöglichkeiten an Decken und Wänden aus Stahlbeton, wurden im Verbund vor Ort diskutiert und experimentell erprobt. Neben technischen und gestalterischen Fragestellungen kamen auch überlegungen zur Präsentation der Werke und Finanzierungsmöglichkeiten zur Sprache.

Realisierung vor Ort

Integrierende Kunstformen, so lautete der Titel der Veranstaltung, nicht zuletzt deshalb wurde die Realisierung vor Ort auch von Elementen der neuen Medien begleitet. Für die Dauer des Projekts fanden im Bunker Spiegelreflexkamera, digitale Kamera, Camcorder, Laptop, Beamer, Kassettenrekorder, Minidiskgeräte, Scheinwerfer ihren Einsatz. Im Audiovisuellen Zentrum der Hochschule wurde das Ton- und Filmmaterial entwickelt und geschnitten.

Fünfzehn Kunst-Studierende haben sich über einen Zeitraum von drei Monaten mit der Geschichte und den Raumphänomenen dieses Zivilschutzbunkers auseinander gesetzt. Sehr unterschiedliche installative Arbeiten resultierten aus ihren Beobachtungen und Recherchen. Für einige Studierende dienten rein formale, für andere inhaltliche Aspekte des Bunkers als Impuls für Ihre Arbeit. Das Ergebnis waren 15 künstlerische Arbeiten, die am 04.08.06 bis 06.08.06 im Bunker der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.

Mit der Installation 1167 bezog sich Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterTheresa Hobler auf die Anzahl der Schutzplätze, die dieser Bunker einst zur Verfügung stellte. Sie befestigte 1167 leuchtende Stäbe in einem kleinen dunklen Raum. Man konnte in die Installation hineingehen und wurde so zu einem dieser Stäbe. "1167 Menschen leben auf engsten Raum in einem Bunker. Wie fühlt sich das an/ hat es sich angefühlt/ wird es sich anfühlen? Für die Ungewissheit steht die Dunkelheit und für die bedrängende Menschenmenge die leuchtenden Stäbe, die man durchschreiten kann", schreibt sie in einem begleitenden Katalogtext zu Ihrer Installation.

Eine freistehende Wand mit Durchgängen sowie die transistorischen Aspekte des Bunkers bildeten die Ausgangssituation des gestalterischen Konzepts von Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterAnnika Wieczorek und Hannah Henrich . Sechs Durchgänge wurden unterschiedlich gestaltet. Sie waren offen oder mit unterschiedlichen Materialien verschlossen, leicht oder schwer von den Besuchern zu passieren. Gedankensplitter "Zugang; Eingang; Anfang; Ende; Transit; Rockband; Licht am Ende des Tunnels; ..." waren an die Wände geschrieben und sollten beim Besucher Assoziationen auslösen. Eine bereitstehende Schale mit Kreiden ermöglichte dem Betrachter, seine Spuren zu hinterlassen und das Kunstwerk durch persönliche Assoziationen zu erweitern.

Mit einem Naturfühlraum wurde bereits im Titel der Installation von Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterJohanna Huber der kontrastierende Eingriff in den Raum angekündigt. Mit dem Anbringen von Naturmaterialien an Wände, wollte sie alle sensorischen Aspekte der Wahrnehmung ansprechen. Im sterilen, unfruchtbaren Gemäuer lud sie ein "die Natur zu fühlen". Lehm. Holzrinden, Stöcke, Tannenzapfen, Bienenwaben an den Wänden, Rindenmulch, Sägespäne und Blätter am Boden, konnte der Wahrnehmende ertasten, spüren, riechen und schmecken.

An einen anderen Ort versetzten auch Öffnet einen internen Link im aktuellen Fenster Gitta Rheinheimer und Barbara Kacperski den Betrachter ihrer Inszenierung, die sie Un-ort vs. Anthropologischer Ort nannten. Die ansonsten sehr nüchterne Raumsituation des Bunkers wurde in eine "Großmutter-Wohnzimmer-Atmosphäre" umgewandelt. Durch das Anbringen einer Tapete, das Auslegen eines Teppichs und das Mobiliar: ein Bett, Lampen, verschiedene Bilder an den Wänden, eine Kommode mit einer daraufstehenden Waschschüssel aus Porzellan, ein gedeckter Tisch, Kerzenständer, Stühle entstand ein wohnlicher Raum im Raum. Durch den Geruch von Kaffee und Kuchen und Musik der 50er Jahre wurde das wohlig, wohnliche Ambiente noch verstärkt.

Der schweren Materialität des Bunkers, setzte Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterEva Postweiler ihre Installation aus filiformer Wäscheleine entgegen. Diese wurde so gespannt, dass der Raum der Länge nach kontinuierlich niedriger wurde. Sichtwechsel nannte Postweiler ihre Arbeit in der der Betrachter gezwungen wurde "... seine Körperhaltung, damit Perspektive - Haltung allgemein - zu verändern" schreibt Postweiler in Ihrem Prozesstagebuch. Auf die Stille und die hermetische Abgeschlossenheit im Bunker reagierte Postweiler mit der Arbeit Sichtwechsel2. Mit der installativen Gestaltung eines Schleusenraums provozierte Postweiler eine Perspektivenänderung durch Irritation beim Betrachter. Im dunklen, durch zwei Stahltüren hermetisch abgeriegelten Schleusenraum ertönten für den Wahrnehmenden für einige Minuten das Tosen einer Autobahn und dann für weitere Minuten das Läuten von Kirchenglocken. Noch irritierender wirkte diese klangliche Situation dadurch, dass ein Tellerstapel mit Essensresten, Eispapier und zerknüllter Marlboro-Schachtel vermeintlich zufällig inmitten des Raumes positioniert war.

Mit einem ähnlichen Konzept provozierte auch Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterChristiane Gehring einen Perspektivenwechsel im Raum. Gehring nutzte für ihre Gestaltungsarbeit die räumlichen Determinanten eines engen, schmalen, immer niedriger werdenden Raumes unterhalb einer Treppe, die die beiden Etagen miteinander verbindet. In dem durch einen schweren Vorhang abgedunkelten Raum, arbeitete sie mit einer phosphoreszierenden, im Dunkeln leuchtenden Schnur. Die Schnur war linienförmig so angebracht, dass sich die räumlichen Abgrenzungen veränderten und ein anderes, irritiertes Raumgefühl beim Betrachter evoziert wurde.

Die Wahrnehmungen, als Wartende auf dem Bahnhof oder in einem Zug sitzend, bildeten die Ausgangssituation des gestalterischen Konzepts von Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterKatharina Margenfeld. Um Momente dieser Wahrnehmungen einzufangen, nahm sie die Kamera zur Hilfe. Filmprojektionen zeigten an zwei gegenüberliegenden Wänden das bearbeitete Filmmaterial. Inmitten der gegenüberliegenden Wände befand sich ein freistehendes Türelement, in den Margenfeld zwei Glasplatten installierte. In diesem Türelement überlagerten, spiegelten sich die Projektionen. "Werbeplakate, Glaskästen bilden Passanten ab, die stehend, sitzend, gehend - auf und ab - auf ihren Zug warten. / Zugfenster bilden Passanten ab, die auf ihren Zug warten. Warten. / Zugfenster bilden Züge ab, nehmen Lichtimpulse auf, um sie als gespiegelte Objekte wieder abzugeben. / Flüchtigkeit - Unerfassbarkeit", schreibt Margenfeld in einem ergänzendem Katalogtext zu ihrer Installation "Bild im Bild".

Den Anlass für die Arbeit "Red box" von Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterUta Fugman bildeten die atmosphärischen Erscheinungsweisen der Temperatur, der Kälte, der Feuchtigkeit im Raum. Rote, weiche fließende Stoffe und Gewebe kleideten einen Raum in seiner Gesamtheit aus. Mit rotem Plüsch und Samt schuf Fugmann einen "Warmraum" und reagierte somit auf die Kälte und Sterilität im Bunker.

In einem vergleichbaren Konzept antwortet auch Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterNora Ble Perez auf den kalten, abweisenden Charakter des Raumes. In einem kleinen Raum befestigte sie an der Decke viele, dünne Streifen aus goldglänzender Wärme-/ Unfallfolie aus dem Erste-Hilfe-Koffer. Sie reichten bis knapp über den Boden und reflektierten, glänzten und raschelten, wenn Besucher hindurchgingen. Im hinteren Teil des Raumes sorgte zudem ein fahrbarer Radiator für Wärme im Raum.

Einen Raum im Raum erzeugte Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterYip Katerbau direkt am Eingang des Bunkers durch ihr Labyrinth aus Papier. Große Papierbahnen bildeten ein von außen nicht einzusehendes Labyrinth. Luftwirbel beim hindurchgehen erzeugten ein Säuseln der Papierbahnen. Hier wurde die Leichtigkeit des gewählten Materials evident. Im Innenraum des Labyrinths stieß man auf einen Hocker, eine Felge eines Fahrrades, bespickt mit ähren, eine Glühbirne, die alles beleuchtete, und einen Fu&slig;ball. All diese Gegenstände waren mit weißer Farbe lackiert. Die Anstöße des künstlerischen Konzeptes von Katerbau bildeten die schweren Mauern des Bunkers wie auch mystisch-religiöse Motive und Symbole.

Ein karges Etagenbett aus Holz, eine Wolldecke, ein Tisch, ein Stuhl, ein Kruzifix, alte Schwarz-weiß-Photos, die Personen zeigten, Briefe, eine Bibel, Kinderbücher, eine Puppe und andere Habseligkeiten in und um einen alten Koffer; in eine andere Situation versetzte das Stöbern in diesen Dingen den Betrachter vor Ort. Ihrer Arbeit, in der sie die Begriffe "Einwandern", "Auswandern" und "Flucht" thematisierte, gab Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterCorinna Sauter den Namen Hab und Gut.

Nebel-Zeit nannte Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterAnne Kunst ihre Arbeit, in der sie mehrere Holzbalken, Bretter verschiedener Größe und Formats schräg verlaufend, diagonal den Raum und sich selbst kreuzend, im Raum anordnete. Die Balken und Bretter versperrten den Weg, verhinderten das leichte Durchschreiten des Raumes. Nebel einer Nebelmaschine, die am Eingang des Raumes betätigt werden konnte, und die dadurch behinderte Sicht, evozierten beim Betrachter Gefühle der Unruhe und der Verunsicherung.

Die besondere Enge, Dunkelheit und Massen von Sand bildeten die Ausgangssituation der installativen Gestaltung des Sandfilters von Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterMignon Buchmann. Aufrechtes Stehen ist in dem kleinen Raum, der im Ernstfall die Zuluft des Bunkers filterte, nicht möglich. Der Boden ist bis in die Tiefen mit Sand gefüllt. Ein indirektes, schwaches Licht beleuchtete den Raum. Auf dem Boden des Raumes sind hier und da, mit dem Sand des Filters, körperähnliche, ausgefüllte Jeans positioniert. "Meine gefüllten Hosen sehen aus wie Körper/ Körperteile, die 'leichenartig' daliegen..." schreibt Buchmann in ihrem Prozesstagebuch.

Konklusion

Die vielfältigen, unterschiedlichen Ergebnisse der Ausstellung zeigen, dass dieses Projekt dem Einzelnen die Entdeckung eigener Wege und die Gestaltung einer individuellen Aussage im Kunstwerk ermöglichte. Die hier vorgestellten installativen Arbeiten entstanden in einem drei Monate andauernden Arbeitsprozess. Diesen längeren Zeitraum für ein solches Projekt zu nutzen, gestattete einerseits die notwendige Abfolge aufeinander aufbauender Arbeitsabläufe und bot andererseits ausreichend Zeit für Kunstbetrachtung und Textlektüre. Im Zentrum dieses künstlerischen Projekts stand der Selbstbildungsprozess jedes Einzelnen. In eigener Verantwortung planten und organisierten die Studierenden die Realisierung ihres installativen Werkes. Unterschiedliche Materialien und Medien wurden beschafft, der Transport zum Bunker organisiert, Zeitpläne entworfen, Arbeitsabläufe koordiniert. Zum Arbeitsprozess gehörte auch die Planung einer Ausstellung zu Semesterende. Auch hier wurden die organisatorischen Schritte von den Studierenden eigenverantwortlich geplant und durchgeführt. Flyer und Plakate wurden gestaltet, Sponsoren für die entstehenden Druckereikosten gesucht (und auch gefunden). Einige Studierende kümmerten sich um die Veröffentlichung von Anzeigen in Veranstaltungskalendern und verschiedenen Stadtmagazinen. Andere engagierten sich im Hinblick auf ein Ausstellungsbuffet. Aufsichten während der öffnungszeiten wurden organisiert. Ein Ausstellungskatalog wurde zusammengestellt, gedruckt und gebunden. Auf ein oder zwei Seiten haben hier die Studierenden zu ihren Arbeiten, in Form von Bildern, Texten, Aphorismen, Stichworten Stellung bezogen. Ein solcher Modus procedendi verlangte von den Studierenden ein hohes Maß an Eigenverantwortung, da diese Vorgehensweise vor allen Dingen Selbstorientierung und Selbsttätigkeit erforderte. Die Arbeit im Bunker zeichnete sich dadurch aus, dass sie werk- und prozessorientiert mit diesem Ort und seinem Kontext die Studierenden zur Formulierung einer eigenen Position veranlasste. Die Studierenden wurden durch das Unbekannte, Fremde, Andere des Bunkers, durch Störungen, Irritationen und Perturbationen zu eigenen Denk- und Handlungsbewegungen angeregt.1 Eine induktive Arbeitsweise und Gestaltung stand im Mittelpunkt der künstlerischen Prozesse. Der Transformations- oder Gestaltungsprozess motivierte die Studierenden zu eigenen, sehr unterschiedlichen, selbstständig-experimentell-forschenden Aussageformen. Hier stellte sich die Frage nach der angemessenen Darstellung und nach der Wahl der angemessenen Medien. Regelmäßig diskutierten die Studierenden ihre vorläufigen Arbeitsergebnisse, sie präsentierten Ideen und Studien in Form von Skizzen, Fotos und Prozesstagebüchern und stellten diese der gesamten Gruppe zur Diskussion. Die kritische Reflexion der Teilergebnisse innerhalb der Gruppe wurde von den meisten Studierenden als zwar aufreibend, aber in jedem Fall fruchtbar und hilfreich beschrieben. So wurde also in durchaus leidbehafteten Suchbewegungen nach eigenen Lösungs- und Gestaltungswegen gesucht und Strategien der Gegenwartskünste genutzt. Innerhalb dieses Projekts wurden alle Prinzipien, die für eine zeitgenössische Künstlerische Bildung gelten, veranschaulicht.2

1<cite>vgl. Kettel, Künstlerische Bildung nach Pisa, 2004</cite>

2<cite>vgl. Kettel, Künstlerische Bildung nach Pisa, 2004</cite>

Lucile Schwörer-Merz